Kurzform / Langform

Findet noch jemand die Verwendung dieser Fachwörter ein wenig unsinnig?

Ich denke, es gibt keinen wirklichen Unterschied zwischen Langform und Kurzform, außer dem Zeitaspekt. Ich bin ein bisschen genervt von Gruppen, die ihre Arbeitsweise mit einem gewissen Unterton definieren, der suggeriert, dass das eine besser sei, als das andere. Unsinn, beide haben ihr für und wider. Keine von beiden sollte über die andere gestellt werden, als wenn nur jemand hoch qualifiziertes diese Form verwirklichen könnte. Darts und Bogenschießen, beides bedarf Zielen und Präzision.

Für mich sind Kurzform und Langform die gleiche Sache bezüglich der Technik der Improvisation. Beide profitieren oder leiden darunter, wenn es an den grundlegenden Bausteinen der Improvisation mangelt. Das ist meist die Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen. Eine 2-3 Minuten Szene bleibt aus den selben Gründen stecken, wie eine Langform und oft innerhalb des gleichen Zeitrahmens.

Hier einige Bemerkungen, die ich zu verschiedenen Shows gegeben habe. Hast du ähnliches schon einmal gehört? Kannst du erkennen, welche zu Langform und welche zu Kurzform gehören?

- Du hast voraus geplant. Sorge dich nicht, wo es hin geht. Sei im hier und jetzt.

- Die Szene/Geschichte hatte keine Plattform. So hast du dann in der Mitte angefangen, wodurch du kein Fundament hattest. Das macht es schwierig, sicher in eine Richtung voranzuschreiten. So drehst du dich um dich selbst, um etwas Interessantes zu finden.

- Die Szene ging sogleich in den Konflikt. Wenn der Konflikt zu früh und ohne Plattform kommt, verfängst du dich. Deine Möglichkeiten sind:

1) Den Konflikt zu lösen. Das fühlt sich an, als ob du das Angebot wegwirfst und nichts passiert.
2) Den Konflikt verschärfen. Dies erzeugt eine Erzählung, die sich nur selbst wiederholt.
3) Eine Person stirbt, verliert oder gibt nach. Nur ohne die Plattform verstehen wir nicht, was auf dem Spiel steht und wenn sich keine Figur verändert, macht es alles keine Sinn.

- Wessen Szene/Geschichte war es? Nicht jeder kann den/die Protagonisten*in spielen. Wissen wir nicht wer der /die Protagonist*in ist, wie können wir dann Herausforderungen für ihn/sie erschaffen. Wen wollen wir ändern oder beeinflussen?

- Diese Szene/Geschichte hätte früher enden sollen. Es war hart für euch das Ende zu finden, da keiner wusste, worum es eigentlich ging.

- Diese Szene/Geschichte endete zu oft. Es gab ein Ende, aber dann ging es einfach weiter bis zum nächsten Ende usw. Es wäre viel stärker gewesen, wenn es früher ein richtiges Ende gegeben hätte.

Kannst du sagen, welche Bemerkung zu welchem Format gehört. Du hast es wahrscheinlich schon erraten, ich habe diese Bemerkungen zu beiden Formen gegeben. Die Bemerkungen sind die gleichen, weil die Arbeit die gleiche ist. Die Arbeit in der Form ist immer die gleiche!

Wie ich schon sagte, beide Formen haben ihren Nutzen. Kurzform erlaubt mehr Variation und du bist nicht an eine Geschichte gebunden, die eventuell nirgendwo hingeht. Langform erlaubt mehr Tiefe der Figuren und mehr Theatralik. Doch Kurzform könnte von größerer Tiefe der Figuren profitieren und Langform könnte von Variationreichtum profitieren und der Fähigkeit, aus einer Geschichte herauszukommen, die nirgendwo hin führt.

Ich erfreue mich tatsächlich an beiden Formen. Solange ich mit Leuten spiele, die inspirieren, spielen und zulassen, interessiert mich das Format oder die Länge nicht - es ist an und für sich eine Freude.

Spiel, was du möchtest, erfreue dich an beiden. Lasst uns aufhören, sie zu bewerten.

"Was ist ein Name. Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften."

Romeo und Julia (II,2)

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Translation by Martin Bödicker, with permission and thanks.

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